Zugegeben bin ich nicht besonders Großstadt erprobt, geschweigedenn in Südostasien, aber Ho Chi Minh ist schon eine Klasse für sich. Es wäre also vielleicht besser gewesen, den Auftakt in Vietnam nicht ausgerechnet hier zu machen. Die Stadt ist einfach krass... gross, laut, schmutzig...aber trotzdem faszinierend. Was mir sofort aufgefallen ist: die Menschen sind deutlich zurückhaltender und reservierter als auf Bali. Ich brauchte also eine Weile, bis ich mich an alles Neue gewöhnt habe. Mein Airbnb war in District 4, nicht super zentral, dafür um einiges ruhiger und die Nachbarschaft war sehr sicher. Ich habe in der Wohnung einer Vietnamesin und ihrer Mutter gewohnt, im 15. Stock eines Hochhauses, von wo man eine fantastische Aussicht hatte.
Am ersten Tag bin ich also erstmal losgelaufen und habe den Vibe der Stadt eingesaugt. Was sofort auffiel, ist, dass es in jedem poplig kleinen Kaffee wifi gibt. Und das Erste, was alle Gäste machen: einloggen und surfen. Es war echt erstaunlich, wie wichtig das Internet ist. Manchmal war es so, dass die Leute so gar nicht mehr miteinander gesprochen haben. Ich dachte immer, in Deutschland sei der Internet Wahn krass, aber die Vietnamesen übertreffen alles. Was noch auffiel: haben in Bali alle gelächelt und waren neugierig auf mich als Europäerin, werde ich hier nur misstrauisch beäugt. Geht man etwas offensiver und freundlich auf die Menschen zu, tauen sie schnell auf, aber man muss schon "den ersten Schritt" machen. Und das in einer Stadt, die so viele Touristen beherbergt, dass die Menschen es eigentlich gewöhnt sein müssten.
Nach einem sehr leckeren Kaffee (ich will auch so ein Filterding, falls jemand noch ein Geschenk für mich sucht :)) in einem klitzekleinen vietnamesischen Cafés, lief ich weiter über den Fluss in den District 1 und zum Wiedervereinigungspalast. Das war ziemlich spektakulär, konnte man doch alte Büro- und Bunkerräume bestaunen, die tatsächlich wie ein Relikt aus DDR Zeiten aussahen. Die Teppiche, Telefone und überhaupt die ganze Einrichtung. Charme aus längst vergangener Zeit und immer wieder Zeugnisse aus der Zeit der Teilung und Wiedervereinigung. Nach dem Palast wollte ich in den botanischen Garten und habe ein Taxi gerufen, weil es so sehr heiß war und ich ausnahmsweise mal keine Lust zum laufen hatte. Und da wollte mich doch echt der Taxifahrer wegschicken. Ich könne ja laufen. Sowas ähnliches ist mir am Abend wieder passiert. Da ist ein Taxi, nachdem er wusste, wohin ich wollte, einfach weggefahren. Hatte es wohl nicht nötig, oder keine Lust auf den Verkehr. Danach habe ich mir nur noch grabmoto (sowas wie uber, nur als Roller) gebucht. Die waren zuverlässig, super billig und schneller als die Autos. Aber zurück zu, botanischen Garten: das war der Reinfall des Tages. Es ist eine Art Vergnügungspark mit Pflanzen und Zoo. Das wollte ich eigentlich nicht sehen. Da waren Elefanten und Giraffen und allerhand anderes Getier eingepfercht. Das war wirklich traurig. Und ich bin nach ner halben Stunde wieder raus, das ging gegen meine pro Natur Einstellung.
Am nächsten Tag wollte ich mir Chinatown und den dortigen Markt anschauen. Erster Stopp war ein toller Tempel, der eine ganz eigene Stimmung verbreitete. Überall hingen Wunschräucherstäbchen und Zettel mit den Namen der Spender. Ich hätte auch gern gespendet und einen pinken Zettel bekommen, mich haben sie aber ignoriert :)) nun gut, dann eben nicht. Nachdem mir Maps den falschen Weg zum Markt gesagt hat, bin ich eine Stunde durch die Hitze gewundert bis ich ein Taxi gerufen habe. Der gute Mann fuhr mich auch dorthin und sagte dann dort, dass ja zu ist, weil Feiertag. Super... also zurück ins Zentrum, wo der Markt offen hatte und ich zu ein paar Souvenirs gekommen bin. Außerdem habe ich dort auch den Street Food Markt gefunden und mich direkt zum Abendessen über mehrere Gerichte hergemacht. Das war toll und sooo lecker, vom Preis mal ganz zu schweigen. Pro Gericht inklusive Bier habe ich 4€ bezahlt. Und weil ich absolut überfressen war, habe ich die 2.5km Heimweg dann zu Fuß erledigt.. :)
Das war dann ein versöhnlicher Abschluss für HCMC. Tags drauf ging es für mich Richtung Westen nach Can Tho. Dort wollte ich drei Nächte bleiben und mir die schwimmenden Märkte im Mekong Delta anschauen. Aber am ersten Tag erstmal natürlich die Stadt selbst. Es war deutlich ruhiger und aufgeräumter, wenn auch trotzdem für das europäische Auge chaotisch. Was es auch hier nicht gibt: Verkehrsregeln. Mir hatte Matthew, der Brite auf Bali, ja schon gesagt, dass sie hier unfassbar krassen Verkehr haben, aber das war deutlich untertrieben. Es scheint keinerlei Regeln zu geben. Hier fährt gefühlt jeder, wie er will. In die falsche Richtung, bei rot und wenn man nix besseres zu tun hat, wird wahllos gehupt. Ein Spektakel, man glaubt es kaum. Ich habe Fahrräder auf der Schnellstraße gesehen und Fußgänger, die einfach über die Straße gehen, weil man sonst niemals eine Chance hat.
In Can Tho habe ich dann mal so richtig Street Food gegessen...und ich lebe noch :)) nein, es war echt gut und es ist sooo lustig, wenn man an einen stand geht und alle plötzlich panisch nach jemandem suchen, der englisch spricht, bis wir es eben einfach mit Händen und Füßen probieren und doch hinkriegen :) als Europäer schämt man sich dann fast, denn pro Gericht zählt man hier selten mehr als 2€! Und die Sache mit dem Trinkgeld ist auch schwierig. Die meisten wissen damit nichts anzufangen und laufen einem sogar hinterher, um das Wechselgeld zurück zu geben. Was wirklich sehr lecker ist, ist der Kaffee, den sie hier mit ner Art Milchmädchen machen und am Tag meistens kalt servieren. Außerdem ist das Obst der Knaller. Es gibt Obststände, wo man sich einfach seinen Becher zusammen stellt. Super lecker. Eigentlich könnte ich die ganze Zeit essen :))
Der nächste Tage startete wieder sehr zeitig, aufstehen 4:30, weil die Mekong Tour 5 Uhr startete. Ich würde von einem jungen Vietnamesen mit den Roller abgeholt und er erzählte mir in schönem Englisch, dass es in diesem Teil Vietnams nur heiß und superheiss als Temperatur gibt. Aktuell sind wir wohl dazwischen. Nun ja, mehr als die aktuellen 35 Grad und 90% Luftfeuchtigkeit brauch ich eigentl. nicht. Am "Hafen" kam dann Mia mit zwei weiteren Gästen der Tour, Ania und Pawel aus Polen, die aktuell ein halbes Jahr Remote von Thailand aus arbeiten. Nun ja, als Informatiker und Software Testerin geht sowas auch gut. Sowas will ich auch! Die Tour führte den Mekong runter nach Cai Rang, wo der größte schwimmende Markt ist. Das war wirklich toll anzuschauen. Die Boote boten wirklich alles, von heißem Kaffee über zig Sorten Obst und Gemüse bis hin zu booten, de aussahen wie Supermärkte. Auch Tankstellen gab es auf dem Fluss, von Shell :)) dort haben wir erstmal einen Kaffee getrunken und uns das Rangierspektakel angeschaut. Wichtig war hier vor allem: Hände im Boot lassen. War doch sehr eng da. Dort verkaufen die Bauern an Restaurants und sonstige Leute, die Speisen brauchen. Viele Leben auf ihren Booten, zuweilen hing Wäsche zum trocknen auf dem hinteren Deck.
Weiter ging es für uns dann zu einem deutlich kleineren Markt, der aber viel ursprünglicher aussah und aus vielen kleinen Booten bestand. Dort gab es dann typisch vietnamesisches Frühstück, phó, Suppe mit Glasnudeln, Gemüse und Fleisch. Sehr lecker aber auch merkwürdig so ohne Marmelade :))! Dann noch frisches Obst und weiter ging es zur Nudelfabrik. Wir haben zugeschaut, wie die Glasnudeln hergestellt werden und konnten selbst mithelfen. Natürlich nur zu Fotozwecken und an Stationen, wo wir nix kaputt machen können. Übrigens reichen zwei dieser Platten, um ein Kilo Paket Glasnudeln zu machen. Der Rückweg Gin dann durch absolut verwinkelte ecken und Seitenarme des Mekong. Hier lebten entweder gar keine Menschen oder so arme Leute, dass man gar nicht erkennen konnte, ob es ein Haus war oder doch nur der Schuppen. Die Kinder badeten um Fluss und auch sonst spielte sich alles am und im Wasser ab. Ich würde da allerdings freiwillig nicht rein springen.
Es ist faszinierend und erschreckend zugleich, zu sehen, wie wichtig der Fluss für die Menschen ist und wie wenig Acht sie auf ihn geben. Es wird scheinbar alles wahllos ins Wasser geworfen. Wir waren zur Ebbe unterwegs und da sah man das Ausmaß deutlich. Überall hat es Abfall und Schmutz angespült. Unsere Tourguide war ziemlich traurig ob des Fakts, dass sich die Regierung nicht um die Verschmutzung kümmert. Sie sagt, sie glaubt, dass es in diesen Gegenden nicht mal eine Müllabfuhr gibt und entsprechend überall alles rum liegt. Außerdem sind dort weite Teile der Bevölkerung nicht besonders gebildet und aufgeklärt, was dem ganzen Verständnis um Umweltverschmutzung und Klimawandel natürlich vollkommen entgegen steht. So ein tolles und schönes Land und dennoch so schmutzig. Das tat in der Seele weh. Und da gehe ich nicht mit unserem deutschen Verständnis von Sauberkeit und Ordnung ran. Vor ein paar Jahren hieß es mal, dass die Kühe in Südamerika durch ihre Wiederkäuerei Schuld am Klimawandel sind... ich glaube nicht. Die Welt braucht Bildung und Aufklärung und dann kann man es irgendwann vielleicht auf Kühe schieben. Außerdem sagte Mia noch, dass sie nicht versteht, wieso die Regierung dieses Problem nicht als Priorität sieht... es war wirklich rührend, wie sehr sie das beschäftigte. Klar, sie macht diese Touren ja mehrfach die Woche und sieht es so regelmäßig.
Nach 7h waren wir zurück, um viele Erfahrungen und Ansichten reicher...und um einige Pigmente auch. Die Sonne, die durch die Wolken wirklich selten zu sehen ist, hat eine wahnsinnige Kraft. Unfassbar...
Zurück im Hotel musste ich erstmal einen Mittagsschlaf machen... war ja schließlich seit sonst wann wach....und am nächsten Tag stand meine Weiterreise nach Chau Doc, an der kambodschanischen Grenze auf dem Programm....
Dazu aber beim nächsten mal mehr... euch einen schönen Freitag!
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